Montag, 6. Dezember 2010

Reinhard Marx hat merkwürdige Fragen

Neulich am Bahnhof habe ich mir ein Gratis-Mini-Abo der ZEIT aufschwatzen lassen. Ich hatte nichts rechtes zu lesen dabei und eine längere Zugfahrt vor mir - also habe ich der Versuchung nachgegeben, die feilgebotene Umsonst-Nummer mitzunehmen und noch drei Ausgaben nach Hause geschickt zu bekommen. Obwohl ich erst im Sommer mein Abo gekündigt hatte, und das nicht ohne der Redaktion mitzuteilen, dass ich, wenn ich ein Kirchenblättchen hätte haben wollen, dann dieses auch bestellt hätte. Ich vermute, dass der Schrieb in die Rundablage gewandert ist, aber für meine Seelenhygiene und als Abschiedsbewältigungshandlung war er mir wichtig.

Doch zur Sache. Es ist natürlich nicht verwunderlich, dass in einer Zeitschrift, die nun auch offiziell ihre geistige Ausrichtung von liberal zu klerikal verändert hat und das durch die Zusammenarbeit mit der (in theologischen Kreisen gewiss rennomierten) Postille "Christ und Welt" dokumentiert, ein Interview mit Reinhard Marx zu finden (Zeit-Magazin 49/2010, S. 62). Diesem ist bekanntlich - ich zitiere das Magazin - "durch den Papst die Kardinalswürde verliehen" worden. Man fragt sich zwar: durch wen denn sonst, durch den Münchener Oberbürgermeister ja wohl kaum, aber die Panegyrik sei geschenkt. Denn Seine Exzellenz läßt es gleich zu Beginn des Intervies zum Mißbrauchsskandal in der Reihe "Das war meine Rettung" richtig krachen.

Da wird er gefragt, ob er denn persönliche Krisen kenne. Und es antwortet der Kirchenfürst - ich zitiere ausführlich und vollständig, damit es nicht heißt, das sei aus dem Zusammenhang gerissen: "Innere Kämpfe kenne ich seit der Studienzeit. Aber die letzten Monate waren die schlimmsten meines Lebens. Was wir da erlebt haben an Auseinandersetzung, auch an Entdeckung, was die Schuld der kirchlichen Institutionen angeht. Der entschiedende Punkt ist für mich: Was will Jesus uns damit sagen?"

Ja, Herr Bischof, was will Jesus uns wohl damit sagen? Aber vor allem: was in Dreiteufelsnamen soll denn daran der "entscheidende Punkt" dieses ungeheurlichen Skandals sein? Später im Interview teilt uns der Oberhirte gar mit, er wisse "noch nicht genau" (also immerhin ungefähr), was Jesus denn wohl "mit alledem" vorhabe. Tja, was nur hat der Erlöser mit dieser Folter und Quälerei vorgehabt? Offenbar meint der Herr Kardinal tatsächlich, die massenhafte Vergewaltigung und Mißhandlung von Kindern durch katholische Priester sei ein kommunkativer Akt des verstorbenen Heilands. So als ob die klerikalen Kinderschänder auf höhere Weisung gehandelt hätten, sozusagen als Erfüllungsgehilfen einer himmlischen Macht, bloße Werkzeuge des HErrn. ("Wir haben nur Befehle befolgt" - schon früher beliebt...) Vergewaltigung als göttlicher Kollateralschaden, sozusagen. Meine Güte, wie durchgeknallt kann man denn sein!

Lieber Herr Marx, Jesus kann nichts mehr sagen (wenn er es durch physische Existenz denn jemals konnte), denn er ist tot, und wenn er etwas hätte sagen können, dann hätte er nichts sagen wollen, sondern gekotzt. Spätestens beim Lesen Ihres infamen Interviews. Damit beste Grüße, auch an den Kollegen Ratzinger!

Mittwoch, 17. November 2010

Viele Staatsleistungen an die Kirchen gehören abgelöst!

Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat der Koordinierungsrats säkularer Organisationen (KORSO) zur Abschaffung der privilegierten Staatsleistungen an die Kirchen aufgerufen. Recht so! Die Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe für Bischofsgehälter, Pensionszahlungen für Kirchendiener etc., die der Staat jährlich vornimmt, sind nicht gerechtfertigt und bevorteilen die Kirchen in einem nicht zu akzeptierenden Maß gegenüber den anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die nach Grundgesetz gleichzubehandeln sind. Das gehört endlich weg!

Aber man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Daher ist es zu begrüßen, dass KORSO-Präsident Frieder-Otto Wolf die Forderung dahingehend präzisiert hat, dass es sich bei den zu kritisierenden Staatsleistungen um die auf der Basis des Reichsdeputationshauptschluss von 1803 gezahlten Unterstützungsleistungen für die Kirche handelt, keineswegs jedoch um sämtliche staatlichen Zahlungen an die anerkannten Religions- und Weltanschauungsorganisationen.

Die aus historischen Gründen gezahlten Beträge haben die vor Jahrhunderten erfolgten Enteignungen von Kirchenbesitztümern sicherlich längst beglichen und gehören aus diesem Grunde eingestellt - keine Frage. Bei anderen, etwa durch seelsorgerische Leistungen oder weltanschauliche Betreuung begründeten Zuschüssen, muss man genauer hinschauen. Hier sind bisherige kirchliche Privilegien besser durch ein neues System angemessener Gleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu beenden als durch die bloße Streichung aller Zahlungen.

Auf jeden Fall bedürfen solche finanziellen Zuwendungen an einzelne, weltanschauliche Träger der Rechtfertigung. Diejenigen Zuschüsse, die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften als gemeinnützige Träger gesellschaftlicher Wohlfahrtsaufgaben oder pädagogischer Maßnahmen erhalten, erfahren diese Rechtfertigung aus dem gegenwärtigen Engagement dieser Organisationen. Hier Kürzungen oder gar völlige Streichungen zu verlangen, wäre falsch. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates beinhaltet jedoch, dass der Staat weltanschaulichen Verbänden wie dem HVD gleiche organisatorische und finanzielle Rechte wie den Kirchen einräumt. Das betrifft insbesondere auch das Recht zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, das Recht zur Bildung weltanschaulicher Schulen und zur Erteilung von Lebenskundeunterricht in öffentlichen Schulen - und vieles andere mehr.

Eine Reform des Verhältnisses von Staat und Religions- und Weltanschuungsgemeinschaften tut Not, in der endlich der Verfassungsauftrag der Gleichbehandlung eingelöst wird. Nur weil es zu Napoleons Zeiten für richtig gehalten wurde, die Kirchen zu alimentieren, bleibt das nicht heute auch noch richtig. Geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen erfordern auch ein modernisiertes Finanzierungssystem.

Montag, 1. November 2010

Interview in der "Jungle World"

Hier findet sich mein Interview zu den SPD-Laizisten in der Jungle World 43 vom 29.10.: http://jungle-world.com/artikel/2010/43/41979.html
Viel Spaß bem Lesen!

Dienstag, 26. Oktober 2010

Humanistische Grundschule auf Bayern 2 Radio

In seiner aktuellen Ausgabe vom 25.10. beschäftigt sich das Radio-Magazin "Theo.logik" des Bayerischen Rundfunks mit der Frage: Wieviel Religion braucht die Gesellschaft? Dabei wird auch über unsere Humanistische Grundschule in Fürth berichtet - über Werterziehung ohne Religion.

Unser offenes, diskursiv angelegtes Konzept der Wertevermittlung wird deutlich herausgearbeitet, ebenso auch die religiöse und weltanschauliche Toleranz, die bei uns herrscht. (Bemerkenswert: im vorhergehenden Bericht über einen katholischen Kindergarten, der angeblich bei Muslimen sehr beliebt sei, sagt eine Nonne ausdrücklich im O-Ton: Wer nicht in die Kirche will, der muss sich einen anderen Kindergarten suchen. Soviel zum Thema Toleranz in kirchlichen Einrichtungen!)

Ein hörenswerter Beitrag, den ich hier gerne verlinke: Theo.logik vom 25.10.10. Der Beitrag "Erziehung ohne Ehrfurcht vor Gott. Die Grundschule der Humanisten in Fürth"  findet sich ab Timecode17:45.

Montag, 25. Oktober 2010

Glaubensfragen in "Berlin direkt"

Das Laizismus-Thema hypt. Hier ein Link zum Beitrag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" vom vergangenen Sonntag mit einem Kurzauftritt...

Berlin direkt vom 24. Oktober 2010

Leider ist SPD nicht auf der Höhe der Zeit, könnte man zumindest meinen, wenn man den Genossen Vorsitzenden so hört. Sigmar Gabriel ist übrigens im Kuratorium des - durchaus honorigen, aber auch durchaus christlichen - Vereins "Christliches Jugenddorfwerk" in Braunschweig.

Viel Spaß damit!

Donnerstag, 21. Oktober 2010

LaizistInnen in der SPD mit Link zum Interview in "Kulturzeit" auf 3sat

So, jetzt bin ich aus  dem Urlaub zurück und habe mich sortiert. Zeit für einen neuen Blog-Eintrag!

Am vergangenen Wochenende haben wir in Berlin einen Arbeitskreis der LaizistInnen in der SPD gegründet. Den dürfen wir zwar offiziell nicht so nennen, das hat uns die katholisch engagierte Generalsekretärin Nahles mitgeteilt, aber ich tue es hier mal trotzdem. Rund 50 Leute aus ganz Deutschland waren da, darunter auch einige Promis. Im Internetforum auf der SPD-Seite und auf Facebook hat die Gruppe schon fast 500 Mitglieder - und es werden täglich mehr. Mehr Infos und die beschlossenen Zeile und Postionen gibt es auch auf der HP: www.laizistische-sozis.de. Unsere alte Domain, in der "SPD" vorkam, hat uns der Parteivorstand abschalten lassen - aus namensrechtlichen Gründen (haha).
Natürlich gibt es kräftigen Gegenwind, Gabriel hat sich unaufgefordert distanziert (aber der kriegt ja bei umstrittenen Sachen anscheinend öfter nicht mit, woher der Wind weht), und die üblichen Verdächtigen sind entsetzt - Bischöfe, katholische und evangelische Großfunktionäre wie Thierse und Griese etc. Aber das braucht einen ja nicht zu zu beeindrucken.
Spannend ist besonders, dass die Initiative eine riesige Medienresonanz hat, und dass inzwischen auch aus anderen Parteien Anfragen kommen, ob man nicht eine parteiübergreifende Initiative zur Reform der Staat-Kirche-Beziehungen starten sollte. Bei der FDP, den Grünen und der Linken gibt es ja schon offizielle Beschlusslagen, die dem weitgehend entsprechen. Bei der SPD soll so werden ;-) und selbst an der Basis der C-Parteien kommt offenbar eine Gärung in Gang.
Zur medialen Verbreitung der Angelegenheit hatte auch ich die Ehre, beitragen zu dürfen und zwar bei der "Kulturzeit" auf 3sat vom 20. Oktober. Hier der Link:

Laizisten-Interview Kulturzeit 20.10.2010.

Viel Spass beim Gucken - über Resonanz, Kommentare, Kritik freue ich mich immer.

Mittwoch, 1. September 2010

Kirchencafe einmal anders

Was man auf einer Radtour so alles erlebt... Heute sind wir auf dem Weg nach Cuxhaven in Hann. Münden angekommen, einer schönen Fachwerkstadt wie andere auch an der Fulda. Das Hotel, in dem wir übernachten, hat aber eine Besonderheit: Der Frühstücksraum ist in der mittelalterlichen Aegidiuskirche gegenüber. Die hat nämlich der Hotelier vor kurzem gekauft und zu einem florierenden Cafe umgenutzt. Die Kirchenbaenke stehen jetzt einander gegenüber, mit Tischen dazwischen, und der alte steinerne Altar fungiert als Bar. Sehr zu empfehlen - wer mal in der Nahe ist, schaue auf einen Kaffee vorbei. So gute Ideen verdienen Unterstützung!

Montag, 9. August 2010

Warum humanistische Ausbildungsgänge nötig sind

Je mehr Praxisfelder sich der HVD erschließt, umso spürbarer wird für uns das Bedürfnis nach einer spezifisch humanistischen Ausbildung der Mitarbeitenden. Auch bei uns in Nürnberg wird das immer drängender. Das betrifft nahezu alle Bereiche, von den Besonderheiten unserer humanistischen Konzeption von Pädagogik bis hin zu den Fragen der weltanschaulichen Praxis im engeren Sinne.

Der HVD Berlin ist - auch wegen seiner Größe - bereits in der Lage, hier eigene Angebote machen, in der LehrerInnenausbildung, der Ausbildung von Humanistischen BeraterInnen und jüngst auch in der ErzieherInnenausbildung. In Bayern liegen die Dinge aber leider anders, auch weil die Refinanzierung solcher öffentlicher Bildungsangebote hierzulande sehr viel schlechter ist. (Wie immer aber nicht für die Kirchen, die kriegen es reichlich, mehr und leichter als alle anderen Träger.)

Was hätten wir denn gerne?

Für die ErzieherInnen eine Humanistische Fachakademie für Sozialpädagogik, die einen weltlich orientierten Nachwuchs an ErzieherInnen heranbildet. Die meisten dieser Fachakademien sind in Bayern in kirchlicher Hand, entsprechend ist der "Spin", der dort vermittelt wird. Nachdem wir auch von dort immer wieder frisch ausgebildete ErzieherInnen übernehmen, merken wir das laufend. Bei den wenigen verbliebenen staatlichen oder städtischen Fachakademien - in Mittelfranken noch eine einzige - stehen schon die kirchlichen Konzerne vor der Tür, die sie übernehmen wollen, um so das kirchliche Ausbildungsmonopol perfekt zu machen. Es gibt sogar schon Regierungsbezirke in Bayern, wo der Zugang zum Erzieherberuf nur noch über die Kirche möglich ist. Im Weg steht uns bei der Eröffnung einer solchen Einrichtung, die zweifellos rege nachgefragt würde, vor allem die zu erwartende Unterfinanzierung. Ohne ein kräftiges Schulgeld ist das nicht zu machen, und wer will das schon zahlen, wenn's anderswo umsonst geht. Da wird die kirchliche Privilegierung zum echten Wettbewerbsvorteil, der ohnehin endlich einmal auch EU-Wettbewerbsrechtlich überprüft werden sollte.

Für die Ausblidung der LehrerInnen für das - in Bayern mittlerweile ordentliche - Schulfach Humanistische Lebenskunde (HLK) benötigen wir selbstverständlich eine universitäre Ausbildung im Inhalt und der Didaktik, ähnlich wie beim Religionsunterricht. HLK darf schließlich qualitativ nicht hinter dem Religionsunterricht zurückstehen. Ohnehin erfordert die Unterrichtung des Faches letztendlich mindestens ein Staatsexamen, das nur von einer solchen Institution abgenommen werden kann. Beim Islam-Unterricht, der jetzt allenorten eingerichtet wird, ist es schließlich auch so, und warum sollten wir uns mit weniger begnügen.

Bei der Lehrerausbildung kann es aber nicht sein Bewenden haben. Wir benötigen auch einen Lehr- und Forschungszweig "Humanistik", der sich mit den Inhalten, der Geschichte und der Praxis des weltlichen Humanismus beschäftigt. Zu tun gibt es da jede Menge, um die sowohl wissenschaftliche Unterfütterung unserer Humanismus-Konzeption wie auch die Reflexion der humanistischen Praxis zu gewährleisten. Von den vielen historischen, soziologischen, politologischen und kulturellen Themenstellungen eines solchen Faches ganz zu schweigen. Auch die Ausbildung Humanistischer BeraterInnen (im Krankenhaus, in den Gefängnissen, in der Konfliktberatung, vielleicht auch bei der Bundeswehr) erfordert ein solches, qualitativ hochstehendes, eben universitäres Ausbildungsangebot.

Natürlich setzt ein derartiges Studienangebot geeignete Praxisfelder und Arbeitsplätze für die AbsolventInnen voraus. Das ist zur Zeit wegen der unzureichenden Verbreitung der humanistischen Weltanschauungspflege wie des praktischen Humanismus überhaupt noch eine Baustelle. Zumimdest aber zeigt sich darin einmal mehr, dass die theoretische Weiterentwicklung des weltlichen Humanismus, seine praktische Umsetzung und seine politische Verankerung aufs Engste zusammenhängen. Nur wenn diese drei Elemente konzeptionell zusammenkommen und strategisch bearbeitet werden, gibt es eine realistische Chance zur Emanzipation nicht-religiöser Menschen bei uns.

Für mich gibt es keinen Zweifel: Solange die Ausbildung der PfarrerInnen, KirchenjuristInnen, KirchenjournalistInnen und ReligionslehrerInnen an den öffentlichen Theologischen Fakultäten bzw. Lehrstühlen vom Steuerzahler bezahlt wird, solange ist auch die Finanzierung einer alternativen humanistischen Ausbildung durch die öffentliche Hand zu übernehmen. Wer will, dass darauf verzichtet wird, spielt das Spiel der Kirchen - denn damit würde die eigene Schlechterstellung sanktioniert und letztlich die Fortdauer der Diskriminierung nicht-religiöser Menschen gesichert.

Ob diese Ausbildungen an einer öffentlich oder vom HVD privat getragenen Institution geschehen, ist zunächst nachrangig. Für die Integration in die allgemeinen Universitäten spricht allerdings die damit dokumentierte Gleichrangigkeit mit anderen Fächern und Forschungszweigen. Aber Hauptsache, es geht damit los. Das würde einen großen Schritt nach vorne bedeuten, den Humanimus nach unserer Konzeption erheblich stärken und die Pflege unserer Weltanschauung auf ein neues Niveau heben.

Samstag, 7. August 2010

Humanistische Normalität

Der Fürther Stadtrat hat dem HVD-Nürnberg die Trägerschaft für eine neue Kinderkrippe zugesprochen. Einstimmig. Ein Reisenfortschritt, wenn man bedenkt, dass unser erstes Auftreten in der Stadt 2003 noch einen wirklichen Glaubenskrieg ausgelöst hat, mit einer tumultuösen Stadtratssitzung und Stadträten, die sich in wirklich unflätiger und beleidigender Weise geäußert haben ("aus einer solchen Weltanschauung entstehen Figuren wie Hitler, Stalin und Pol Pot" aus der CSU - "das ist für mich eine Entscheidung auf einer Linie mit Abtreibung und Todesstrafe" aus der SPD). Hinterher gab's ne knappe Mehrheit. Aber mei - tempi passati, Schwamm drüber.

Inzwischen ist der HVD in Fürth fest etabliert, außerdem hat er dort die erste weltlich-humanistische Grundschule Deutschlands eröffnet und die symbolträchtige Quelle-Betriebskita vor der Schließung bewahrt. Wie man sieht, fehlt's auch an politischer Unterstützung quer durch die Parteien nicht mehr. Unsere kontinuierliche und seriöse Arbeit hat sich ausgezahlt. In wenigen Jahren ist der HVD zum größten privaten Träger von Kindertagesstätten in der Stadt geworden, und im Krippenbereich liegt er unangefochten auf Platz eins aller Träger - also vor der Stadt und den Kirchen, trotz aller normaler Konkurrenz auf dem "Markt". So gesehen, ist durch die HVD-Einrichtungen der Humanismus in Fürth zur Normalität geworden. Gut so! Und jetzt noch der Rest von Bayern...

Donnerstag, 22. Juli 2010

Neues aus der Bundesärztekammer

Es ist ja wirklich erfreulich, was sich da in der Bundesärztekammer tut. Nachdem von dort und von ihrem Präsidenten Hoppe jahrelang nur die olle Gebetsmühle gedreht wurde, dass der Arzt nur Leben retten dürfe, klingen die neuen Töne schon ganz anders.

Jetzt hat Ärztepräsident Hoppe erklärt, dass er mit einer Veränderung der bisher recht starren Haltung der Ärztekammer rechnet, was den assistierten Suizid angeht. Dabei ist das wohl für Hoppe das kleinere Übel. Denn immerhin ein Drittel der Ärzte - und dabei überdurchschnittlich viele Hausärzte - stehen selbst der aktiven Sterbehilfe aufgeschlossen gegenüber. Anders als die Beihilfe zum Suizid ist das Leisten aktiver Sterbehilfe in Deutschland strafbewehrt.

Zweifellos kündigt diese Haltungsänderung eine positive Bewegung für die Patientenautonomie an. Denn wenn man sich dem Glaubenssatz, dass das menschliche Leben von einem Gott gegeben und daher unverfügbar sei, nicht anschliessen mag, so ist nicht einzusehen, warum das Ende des eigenen Lebens nicht auch in der eigenen Verfügungsgewalt sein sollte. Besonders gilt das beim Vorliegen einer schweren Krankheit, die keine  ausreichende Lebensqualität mehr ermöglicht oder gar unter Qualen zum Tode führt.

Natürlich gibt es bei einem so heiklen Thema viele Fallstricke und Gefährdungen. Zum einen ist man ja nicht allein auf der Welt, es gibt Verpflichtungen, auch emotionale. Und was, wenn es sich bei einem Suizidentschluss gar nicht um eine wirklich autonome Entscheidung handelt? Wenn nicht eine schwere Krankheit, sondern Liebeskummer dahinter steckt? Wenn es gar um wirtschaftliche Gründe geht? Allein schon die Unterhaltsverpflichtung der Kinder für ihre Eltern wird künftig - angesichts sinkender Realrenten und steigender Heimkosten - immer stärker dazu führen, dass der Pflegebadarf der Eltern nicht nur deren eigenes Vermögen auffrisst, sondern auch das Einkommen ihrer Kinder reduziert. Ethische Konflikte um Güterverteilungen sind daher vorprogrammiert.

Doch diese Probleme einmal beiseite gelassen: Was wäre denn wünschenswert? Das Leben ist unendlich kostbar, und ein leichtfertiger Umgang mit ihm verbietet sich. Mir würde daher in Modell vorschweben, in dem der ethisch verantwortete Suizid als eine legitime und kulturell nicht negativ sanktionierte Möglichkeit des Lebensendes akzeptiert wird, und zwar zumindest dann, wenn eine schwere Erkrankung vorliegt, die zu großem psychischem und/oder physischem Leid führt. Der Suizd sollte - am besten auch ärztlich - begleitet sein, und die Entscheidung für ihn sollte - wenn überhaupt - erst nach einer qualifizierten und neutralen Beratung durch eine anerkannte Stelle fallen. In diese Beratung sollte auch die Familie mit einbezogen werden. So könnte für viele Menschen ein Abschied in Würde ermöglicht werden, wenn sie denn diesen Weg gehen möchten.

Dabei geht es durchaus auch um Suizidprophylaxe. Eine solche Beratungsstelle würde in der Lage sein, so manchen "wilden" Suizid vermeiden zu helfen.

Aber eines muss deutlich sein: Einen Zwang welcher Art auch immer soll es natürlich nicht geben. Und wer einen entsprechenden Glauben hat, soll auch durch Leid zu seinem Gott finden können, wie es die Theologie lehrt. Ich will mir sowas aber nicht aufnötigen lassen - denn am Ende wird nur das Leid stehen, ohne Sinn. Wozu dann?

Freitag, 16. Juli 2010

Schulgottesdienste für Alle

Heute hat mir die Leiterin unserer Humanistischen Grundschule, Ulrike von Chossy, eine gelbe Karte gegeben. Aber nicht so eine wie beim Fußball... Auf dieser Karte hat das Kultusministerium für alle Schulen ein paar Merksätze zum Schuljahresende aufgeschrieben.

Konkret geht es um die Schulgottesdienste, die im Bayernland ja bei nahezu jeder Gelegenheit abgehalten werden. Auf jeden Fall am Anfang des Schuljahrs, da beten die Kindlein für gute Noten, und am Ende - da wissen sie dann, ob's geholfen hat. Bisher stand auf diesen Mitteilungskärtchen immer mit drauf, dass diese Gottesdienste keine schulischen Veranstaltungen seien, sondern kirchliche. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass sie nicht während der Unterrichtszeit stattfinden dürften. Auf der neuen Karte fehlen diese Hinweise aber plötzlich. Zufall? Wohl kaum.

Offenbar soll in Bayern damit einmal mehr die Verchristlichung des Schulwesens weiter vorangetrieben werden. Erst kürzlich war ja im "Spiegel" zu lesen, dass die evangelikalen Kreationisten es sogar ganz selbstverständlich hinbekommnen, dass in bayerischen Schulbüchern kein kritischer Satz über die Fundi-Kollegen aus den USA stehen darf - nicht mal als Diskussionsgrundlage in einem Englisch-Buch. Das Kultusministerium findet solche Vorgänge ganz normal und hat willfährig die monierte Stelle gestrichen. In den anderen Bundesländern bleibt sie drin. Was den nicht-religiösen SchülerInnen in den bayerischen Schulbüchern aber alles an verdeckter und verkappter Mission und christlichem Spin zugemutet wird, das interessiert am Münchener Salvatorplatz (oh weh, schon die Adresse...) natürlich weniger. Selbst die Schulbücher für den Ethik-Unterricht sind voller naiver Heiligengeschichten, die dort als Lehrstücke vorbildlichen Handelns ausgegeben werden.

Es wird wohl noch sehr lange dauern, bis solche Übergriffe in den Schulen endlich aufhören. Ein Anfang kann sein, dass derartige Vorkommnisse gesammelt und veröffentlicht werden. Schreiben Sie mir oder posten Sie einfach unten an diesen Text. Öffentlichkeit herstellen und der scheinbaren Selbstverständlichkeit der schulischen Missionierung widersprechen - das könnte helfen, damit künftig auch HumanistInnen in ihren Überzeugungen den ihnen zustehenden Respekt erfahren. Und sie vor religiösem Getue an öffentlichen Schulen verschont bleiben.

Mittwoch, 14. Juli 2010

Burkaverbot - und dann?

Jetzt also auch die Franzosen. Burkaverbot, bei Verstoss nachsitzen in Staatsbürgerkunde und Strafe zahlen. Karnevalsmasken sind glücklicherweise ausgenommen. Soll es ein solches Vermummungsverbot für Fortgeschrittene auch in Deutschland geben?

Aus staatspolizeilichen Gründen natürlich ja. Ich gehöre zu der Generation, die am Wackersdorfer Bauzaun noch mit CS-Gas aus den straußschen Polizeipanzern besprengt wurde, und schon damals war die Gesichtsvermummung pöniert. Daher könnten Burka-Trägerinnen und -träger (soviel pc muss sein) auch heutzutage nicht gegen Laufzeitverlängerungen vor den Atomstrom-Kathedralen protestieren, auch wenn die ja mit den charakteristischen Kuppeln verdächtig nach Moscheen aussehen - aber die Atomspaltung entstammt eindeutig der christlich-jüdischen Kulturtradition des Abendlandes.

Im Ernst: Was zählt mehr, die Freiheit, anzuziehen und zu glauben was man will, oder das vermutete Unterdrückungsargument? Oder gar die Beleidigung des aufgeklärten Geistes, wenn ein solches Symbol der religiösen Begrenztheit um die Ecke kommt? Da würden mir allerdings noch ganz andere Sachen vorher einfallen, ohne die dahinterstehende gesellschaftliche (!) Problematik in manchen Zuwandererfamilien verharmlosen zu wollen. Auch ich fühle mich unbehaglich, wenn die Fremdheit derart kompromisslos demonstriert wird. Trotzdem denke ich, dass die individuelle Freiheit wichtiger ist. Außerhalb von öffentlichen Ämtern sollte jeder und jede anziehen dürfen, was der persönliche Gusto gebietet. Obrigkeitlich erlassene Kleiderordnungen sind mittelalterlich, diesen Schuh sollten sich liberale Gesellschaften nicht anziehen. Aufklärung findet im Kopf statt, egal ob er verhüllt ist, mit Hut oder mit Baseball-Cap oder mit Kopftuch oder mit Glatze oder mit blonden Locken, und sie läßt sich bestimmt nicht herbeiverbieten.

Unbequemer, aber wahrscheinlich viel zielführender wäre es, einmal darüber nachzudenken, ob wir wirklich eine offene Gesellschaft sind, die Zuwanderer begrüßt und integriert. Schafft  nicht unsere in jedem westdeutschen Großstadt-Straßenbild sofort sinnfällig werdende Neigung zur Separierung erst die Räume, in denen Parallelgesellschaften mit ihren manchmal für uns merkwürdigen kulturellen Riten gedeihen können? Fangen wir denn diejenigen auf, die sich von ihrer überkommenen Kultur distanzieren, oder lassen wir sie als dann Fremde in zwei Welten zurück? Haben Sie Freunde "mit Migrationshintergrund"? Ich gebe zu: ich nicht. KollegInnen, das schon. Aber Freunde? Darüber denke ich jetzt mal nach. Sie auch? Vielleicht bringt uns das ja weiter als ein religiöses Vermummungsverbot.

Donnerstag, 8. Juli 2010

Neue Religionslandschaft in NRW?

SPD und Grüne in NRW haben der Gestaltung des Staat-Religions-Verhältnisses einen respektablen Abschnitt in ihrem Koalitionsvertrag gewidmet. So liest man mit Freude, dass "weltanschauliche und religiöse Vielfalt" zum Land gehörten. Die neue Regierung will  mit "Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften [...] einen intensiven Austausch" anstreben und mit ihnen oft zusammenarbeiten. Das ist ja auch nicht ungewöhnlich.

Allerdings sind nur die Kirchen für die Regierung "wichtige Partnerinnen bei der Gestaltung einer gerechten Gesellschaft und in ethischen Fragen", die daher auch "nachhaltig unterstützt" werden sollen. Mit der Jüdischen Gemeinschaft will man schon nur noch "im Dialog bleiben" und "die guten Beziehungen weiter ausbauen".

Was mit der Formulierung im Vertrag, dass der Islam "die drittgrößte Religion in NRW" darstelle, bleibt rätselhaft. Was sind denn dann die beiden größeren Religionen? Oder meinen die Koalitionäre vielleicht, dass evangelisch und katholisch zwei verschiedene Religionen wären? Oder meinen sie die Konfessionsfreien als Nummer 2 nach den Christen?Wer weis.

Wohin die Reise staats-kirchenpolitisch gehen soll, zeigt dann aber der folgende Abschnitt. Da wird angekündigt, dass islamischen Gemeinschaften auch rechtlich ein kirchenähnlicher Status gegeben werden soll. Denn für den Islam soll der geltende Rahmen des deutschen Religionsverfassungsrechts "mit dem Ziel der Gleichstellung" entsprechend ausgestaltet werden. Offenbar sollen den islamischen Gemeinschaften die Körperschaftsrechte verliehen werden und mit ihnen Staatsverträge abgeschlossen werden. Man darf also erwarten, dass in NRW künftig auch der Islam vom Steuerzahler finanziert wird. Der öffentliche Einfluss der muslimischen Religion und seiner Lebensregeln wird dadurch bedeutsam wachsen.

Das Nachsehen haben einmal mehr die nicht-religiösen Menschen, deren weltanschauliche Interessenvertretung staatlich nicht - oder zumindest bei weitem nicht in diesem Maß - unterstützt wird. Warum eigentlich nicht? Es wird vor diesem Hintergrund spannend zu beobachten sein, ob der HVD in NRW mit seiner Klage auf die Einführung des Schulfaches Humansitische Lebenskunde Erfolg haben wird. Es wäre sehr zu wünschen. Denn auch oder gerade wenn die dezidiert reiligiöse Wertevermittlung an den Schulen immer weiter ausgebaut wird, dann müssen nicht-religiöse Eltern auch eine Chance haben, ihren Kindern eine humanistische Werteerziehung zukommen zu lassen. Sonst bleibt irgendwann auch für sie nur noch die Wahl zwischen Kruzifix und Kopftuch. Ups, entschuldigung, das war polemisch...

Mittwoch, 7. Juli 2010

Mal wieder ein Lehrstück über religiöse Bevormundung

Gestern hat der BGH sein Urteil zur Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik gesprochen. Nun ist klargestellt, dass es rechtlich möglich ist, Embryonen auf genetische Auffälligkeiten zu untersuchen. Die Ergebnisse können dazu führen, dass die Eltern sich dafür entscheiden, bei einem entsprechenden Befund die betroffenen Embryonen sich nicht weiter entwickeln zu lassen. So weit, so gut.

Kritik an dieser Entscheidung kommt prompt aus der christlichen Ecke, so von Herrn Glück (CSU und Katholiken-ZK) und dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Hüppe (CDU), der auch in der Lebensschutzbewegung aktiv ist und selbst Vater eines behinderten Kindes ist. Sie stellen die "Unverfügbarkeit des Lebens" als "von Gott gegeben" ins Zentrum ihrer Darlegungen, und haben natürlich etwas dagegen, wenn diese "Unverfügbarkeit" nun doch zur "Verfügbarkeit" wird.

Man muss dieses Argumentationsmuster ernst nehmen, weil es in bio- und medizinethischen Debatten immer wieder vorkommt, ja geradezu klassisch ist. Aus privaten religiösen Überzeugungen werden irgendwelche "sittlichen" Normen abgeleitet, die dann für alle gelten und Grundlage für die Gesetzgebung und Rechtsprechung sein sollen. Man darf aber nicht von sich auf andere schliessen, das lernt schon jedes Kind. Denn für alle, die die jeweilige religiöse Überzeugung gar nicht teilen, gelten die Gesetze dann ja trotzdem. Diese religiöse Usurpation des legislativen Raums ist in Deutschland ausgeprägt und zunehmend ärgerlich.

Außerdem unterliegt die Aufregung der "Lebensschützer" einem Denkfehler. Entschieden wurde ja nur, dass es MÖGLICH ist, eine solche Untersuchung vorzunehmen und die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen, wenn die Eltern es denn wollen. Nicht aber - und nur das wäre ein wirklicher Skandal - MÜSSEN diese Untersuchungen stattfinden, und schon gar nicht MUSS bei Befund z.B. abgetrieben werden. Wer christliche Regeln für sein Leben - und das seines ungeborenen Nachwuchses - gelten lassen will, ist daran nach wie vor nicht gehindert.

Dasselbe Muster fndet sich auch bei den Kruzifixen in bayerischen Klassenzimmern (alle müssen es vorgestzt bekommen, nicht nur die, die es wollen), Kopftüchern in Iran (alle Frauen müssen sie tragen, nicht nur die Gläubigen), bei der Patientenautonomie (das Leben aller Menschen darf nur Gott beenden, nicht nur das derjenigen, die an ihn glauben) usw. usw.

Es wird Zeit, dass die nicht-religiösen Menschen sich von diesen offenen und verborgenen Bevormundungen befreien, sie als solche benennen und offensiver als bisher gegen sie vorgehen. Gemeinsam kann man das besser als alleine. Insofern ist der organisierte Humanismus auch eine Emanzipationsbewegung für alle, die die Nase voll von religiöser Gängelei haben.

Eines ist dabei aber unumgänglich: HumanistInnen können nicht dabei stehen bleiben, nur "dagegen" zu sein. Sie müssen ihre eigene, weltanschaulich begründete Ethik auf hohem, diskursfähigem Niveau erarbeiten, darlegen und ggf. auch praktisch in sozialer Arbeit umsetzen können. Dabei können Humanistik-Lehrstühle in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

PS am 14.7.: Heute lese ich im Spiegel (S. 15), dass der allbekannte bayerische Gesundheitsminister Söder bzgl. der PID kundtut: "Das geht an den Kern unseres christlichen Weltbildes. Deshalb gibt es keine Kompromisse." Anders würde es wohl ein iranischer Regierungs-Mullah auch nicht ausdrücken.

Montag, 5. Juli 2010

Reformpädagogische Schulen sollen in Bayern noch schlechter gestellt werden

Am Wochenende haben in Nürnberg die privaten Schulträger zu einer Protestkundgebung in der Innenstadt eingeladen. Völlig zurecht - denn unsere CSU/FDP-Regierung will den reformpädagogischen Schulen offenbar die Luft abdrehen. Oft sind diese innovativen Schulen, nach denen (wen wunderts) eine riesige Nachfrage besteht, von Elterninitiativen getragen. Davon betroffen ist aber auch unsere Humanistische Grundschule in Fürth.

Der Hintergrund der Proteste ist die Novellierung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes, das rückwirkend (!!) in Kraft treten soll und das, obwohl noch nicht einmal beschlossen, schon von den Schulämtern angewendet (!!) wird. Es enthält ein ganze Anzahl von Gemeinheiten für private Schulträger. Z.B. dürfen dort künftig beamtete Lehrer nicht mehr arbeiten, und es gibt auch noch weniger finanzielle Fördermittel als bisher. Außerdem sollen kleine Klassen bei den Privaten mit Winkelzügen bei der Lehrerfinanzierung gezielt verhindert werden. Zwar steht im bayerischen Koalitionsvertrag etwas ganz anderes, aber wen interessiert schon sein Geschwätz von gestern. Das beste ist allerdings, dass künftig die Refinanzierung nicht mehr wie bisher nach dem Bedarf im betreffenden Schuljahr erfolgt,  sondern nach den Zahlen des Vorjahres. Ein späterer Jahresausgleich ist NICHT vorgesehen. Faktisch heisst das, dass wachsende oder im Aufbau befindliche Schulen ein Jahr lang richtig mies dastehen, weil ihre neuen Klassen gar nicht gefördert werden. Das betrifft unsere Schule unmittelbar, die soll nämlich 2012 zwei neue Klassen bekommen.


Aber, ein Hoffnungsstreif am Horizont: nachdem die Kirchen mit weitem Abstand die grössten Privatschulträger in Bayern sind und man es sich mit denen natürlich nicht verscherzen will, sind kirchliche Schulen von allen Verschlechterungen ausgenommen! Da kommt einem zwar mal wieder die Galle hoch, aber wenn die das kriegen, dann steht uns das auch zu. Nach GG sind wir ja mit den Kirchen gleichzubehandeln - und schon schreibe ich mal einen Brief an die Regierung, in dem ich für uns auch hier die gleichen Rechte einfordere. Mal sehen, was die antworten...

Dienstag, 29. Juni 2010

Erster Post

So, jetzt habe ich es endlich geschafft. Ich wollte schon länger einen Blog einrichten, aber bin immer nicht dazu gekommen. Warum ich überhaupt so was mache? Weil es viele Kleinigkeiten gibt, die über meinen Schreibtisch beim HVD wandern, die es eigentlich wert sind, dass noch mehr Menschen von ihnen erfahren. Nicht, um mich oder meinen Arbeitgeber zu rühmen. Sondern weil es Vorgänge sind, die auch viele andere betreffen können.

Auslöser war der Fall einer Familie, deren Kind nicht in die Sprengelschule eingeschult werden durfte - weil es nicht am Religionsuntericht teilnehmen sollte. Das zumindest hat die Rektorin dieser Nürnberger Vororts-Grundschule tatsächlich als Begründung angegeben. Entweder Religionsunterricht oder woanders hin fahren. Ein Skandal - und sicherlich kein Einzelfall. Wir haben den Eltern helfen können, haben bei der Schulaufsicht interveniert (der das sehr peinlich war) und das Ergebnis: Es gab noch mehr Eltern an dieser Grundschule, die sehr wohl lieber einen Ethik-Unterricht für ihre Kinder gehabt hätten, aber die sich zunächst einschüchtern liessen. Jetzt gibt es an dieser Schule regelmäßig den einigermaßen neutralen Ethikunterricht, und niemand wird mehr gezwungen, sich missionieren zu lassen.

Von solchen Geschichten will ich hier erzählen, und alle einladen, zu den Posts einen Kommentar zu hinterlassen. Vielleicht ist Ihnen ja manchmal etwas Ähnliches passiert, oder Sie wollen mir einfach widersprechen. Nicht-religiöse Menschen werden oft noch benachteiligt, erleben religiös motivierte Bevormundung oder reiben sich sonst wie an der Macht und dem Einfluss der Kirchen.

Doch es soll hier nicht nur um die Defensive gehen, sondern auch um das Eigene. Denn dass es auch ohne Religion geht, dafür werben wir weltliche Humanisten, auch mit eigenen Angeboten - von der Kinderkrippe bis zur Sterbebegleitung. Wenn Sie mitmachen wollen, sind Sie herzlich eingeladen. Schauen Sie doch gelegentlich mal vorbei!