SPD und Grüne in NRW haben der Gestaltung des Staat-Religions-Verhältnisses einen respektablen Abschnitt in ihrem Koalitionsvertrag gewidmet. So liest man mit Freude, dass "weltanschauliche und religiöse Vielfalt" zum Land gehörten. Die neue Regierung will mit "Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften [...] einen intensiven Austausch" anstreben und mit ihnen oft zusammenarbeiten. Das ist ja auch nicht ungewöhnlich.
Allerdings sind nur die Kirchen für die Regierung "wichtige Partnerinnen bei der Gestaltung einer gerechten Gesellschaft und in ethischen Fragen", die daher auch "nachhaltig unterstützt" werden sollen. Mit der Jüdischen Gemeinschaft will man schon nur noch "im Dialog bleiben" und "die guten Beziehungen weiter ausbauen".
Was mit der Formulierung im Vertrag, dass der Islam "die drittgrößte Religion in NRW" darstelle, bleibt rätselhaft. Was sind denn dann die beiden größeren Religionen? Oder meinen die Koalitionäre vielleicht, dass evangelisch und katholisch zwei verschiedene Religionen wären? Oder meinen sie die Konfessionsfreien als Nummer 2 nach den Christen?Wer weis.
Wohin die Reise staats-kirchenpolitisch gehen soll, zeigt dann aber der folgende Abschnitt. Da wird angekündigt, dass islamischen Gemeinschaften auch rechtlich ein kirchenähnlicher Status gegeben werden soll. Denn für den Islam soll der geltende Rahmen des deutschen Religionsverfassungsrechts "mit dem Ziel der Gleichstellung" entsprechend ausgestaltet werden. Offenbar sollen den islamischen Gemeinschaften die Körperschaftsrechte verliehen werden und mit ihnen Staatsverträge abgeschlossen werden. Man darf also erwarten, dass in NRW künftig auch der Islam vom Steuerzahler finanziert wird. Der öffentliche Einfluss der muslimischen Religion und seiner Lebensregeln wird dadurch bedeutsam wachsen.
Das Nachsehen haben einmal mehr die nicht-religiösen Menschen, deren weltanschauliche Interessenvertretung staatlich nicht - oder zumindest bei weitem nicht in diesem Maß - unterstützt wird. Warum eigentlich nicht? Es wird vor diesem Hintergrund spannend zu beobachten sein, ob der HVD in NRW mit seiner Klage auf die Einführung des Schulfaches Humansitische Lebenskunde Erfolg haben wird. Es wäre sehr zu wünschen. Denn auch oder gerade wenn die dezidiert reiligiöse Wertevermittlung an den Schulen immer weiter ausgebaut wird, dann müssen nicht-religiöse Eltern auch eine Chance haben, ihren Kindern eine humanistische Werteerziehung zukommen zu lassen. Sonst bleibt irgendwann auch für sie nur noch die Wahl zwischen Kruzifix und Kopftuch. Ups, entschuldigung, das war polemisch...
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