Freitag, 4. Februar 2011

Skandalurteil in Düsseldorf

Manchmal kann man ja nur staunen, was sich so unter den Richterroben für Ansichten tummeln. Ein Beispiel dafür ist das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Dessen 18. Kammer hat nun eine Klage des HVD-NRW auf Zulassung des humanistischen Schulfaches „Humanistische Lebenskunde“ abgewiesen. Das ist schon an sich verwunderlich, denn das Schulfach gibt es ja schon in Berlin und Brandenburg, und auch in Bayern ist es als ordentliches Lehrfach anerkannt. Dort wird es an der Humanistischen Grundschule unterrichtet. 

Dass es Humanisten nicht leicht gemacht wird, ihre Interessen durchzusetzen, ist ja allerdings nichts Neues. Richtig vom Hocker haut es einen daher erst bei der Begründung, die die Kammer sich ausgedacht hat. Im Kern geht es darum, dass der in NRW gesetzlich vorgeschriebene Religionsunterricht eben Religionsunterricht ist und nicht Weltanschauungsunterricht. Dann wird von der Justizpressestelle verkündet: „Das Grundgesetz privilegiere [lt. dem Urteil] insoweit Religionsgemeinschaften und grenze demgegenüber Weltanschauungsgemeinschaften als Einflussfaktor im Bereich öffentlicher Schulen aus.“  Das muss man ja glatt nochmal lesen. Das Grundgesetz privilegiert Religionsgemeinschaften und befiehlt, Weltanschauungsgemeinschaften auszugrenzen? Ich darf zitieren, Artikel 140 (137 WRV):  „Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.“ Wie zum Geier kann man daraus nun interpretieren, dass Weltanschauungsgemeinschaften vom Grundgesetz „ausgegrenzt“ werden?

Ich spare mir hier die Hinweise auf die Fortentwicklung des sog. „Staatskirchenrechts“, die aktuellen GG-Kommentierungen, die jüngste Rechtsprechung z.B. des Verfassungsgerichts in Brandenburg und so weiter und so fort. Dieses Skandalurteil lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder war die Kammer inkompetent, oder sie hat wissentlich an den Rechtsgrundsätzen in unserem Land herumgebogen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass nicht etwa das Gesetz, sondern das Gericht mit seinem Urteil Weltanschauungsgemeinschaften ausgrenzen und Religionsgemeinschaften privilegieren wollte.

Wie auch immer. Dieses Urteil ist mitsamt seiner Begründung so abwegig, dass es keinen Bestand haben wird. Ärgerlich ist es dennoch.