Mittwoch, 21. September 2011

Pressemitteilung des SPD-Gesprächskreises Humanist(inn)en und Konfessionsfreie

Hier eine Pressemitteilung vom 20.09.11 des bayerischen "Gesprächskreises HumanistInnen und Konfessionsfreie in der SPD" zum Papstbesuch:
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Der bayerische Gesprächskreis „Humanistinnen und Humanisten und Konfessionsfreie in der SPD“ begrüßt den Besuch des Papstes in Deutschland. „Das bringt das Thema Religion, Kirche und deren Bedeutung für unseren Staat in die öffentliche Aufmerksamkeit“, so der Sprecher des Kreises, Michael Bauer. Er sieht darin eine Chance, auch über nötige Veränderungen im Verhältnis von Staat und Kirchen und insbesondere die Rechte der Konfessionsfreien zu diskutieren.

Der Gesprächskreis erkennt bei den Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften inzwischen einen erheblichen Reformbedarf. „Unsere Gesellschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten auch in religiösen und weltanschaulichen Fragen vielfältiger geworden. Trotzdem werden die christlichen Kirchen noch immer einseitig privilegiert, durch direkte staatliche Geldzahlungen oder Einflussmöglichkeiten, z.B. im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in den Ethikräten zu wichtigen medizinischen oder gesellschaftlichen Fragen. Über ein Drittel der bayerischen Bevölkerung führt bereits ein Leben ohne religiöse Bezüge, in den Großstädten sind es sogar mehr. Für all diese Menschen sprechen diese Kirchenvertreter nicht. Daher braucht es hier dringend eine Neujustierung“, so Bauer.

Mit großer Skepsis begegnet der Gesprächskreis der Rede des Papstes im Bundestag. Er sieht darin einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Trennung von Kirche und Religion. „Wenn der Papst im Bundestag reden darf, dann müssten ja die Führer jeder anderen Religion aus Gleichheitsgründen demnächst auch dort auftreten dürfen. Die Ausrede, dass Dr. Ratzinger als Staatsoberhaupt sprechen würde, ist scheinheilig. Wenn das so wäre, dann würde er im Straßenanzug über die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zum Vatikanstaat sprechen – welche das dann auch immer sein mögen. Das wird er aber wohl nicht tun, sondern er wird in seiner üblichen Dienstkleidung eine religiöse Ansprache halten. Zur Kanzel welcher Religion auch immer taugt unser Parlament aber nicht.“

Die Kritik christlicher Würdenträger und Politiker an der Absicht von vielen Bundestagsabgeordneten auch der SPD, der Papstrede fernzubleiben, verurteilt Bauer als „Anmaßung“. „Bischöfe und andere Kirchenfunktionäre haben den gewählten Abgeordneten keine Vorschriften zu machen“, sagte Bauer.

Die Religionsfreiheit ist ein hohes und mühsam erkämpftes demokratisches Gut. Daher respektiert der humanistische SPD-Gesprächskreis auch die Botschaften Benedikts XVI als relevante Aussagen für seine Religionsgemeinschaft, heißt ihn persönlich in Deutschland herzlich willkommen und wünscht allen Gläubigen bei seiner Reise durch Deutschland viel Spaß und anregende Erlebnisse.
 

Freitag, 1. Juli 2011

Sensibel, wenn es um die staatliche Neutralität geht: Rolf Schwanitz im Interview

Auf der Seite diesseits.de gibt es ein ausführliches Interview mit Rolf Schwanitz zu seiner papstkritischen Initiative im Bundestag. Mit zur Sprache kommen auch die SPD-Laizisten, und wie es mit ihnen weitergeht, und anderes mehr. Lesenswert! Hier der Link:

Interview mit Rolf Schwanitz auf diesseits.de

Mittwoch, 29. Juni 2011

Verbalscheiterhaufen für Papstkritiker

Der vogtländische SPD-MdB und ehemalige Aufbau-Ost-Beauftragte Rolf Schwanitz hat einen Boykottaufruf der Papstrede im Bundestag in seiner Fraktion kreisen lassen - und schon geht's rund. Was da an Kritik durch den Blätterwald rauscht, ist kaum zu glauben. Aber erhellend ist es doch, denn es zeigt deutlich, wie illiberal und christlich-fundamentalistisch manche Journalisten so drauf sind. Einen schönen Überblick mit ansprechenden Kommentaren dazu findet man unter  http://recotard.wordpress.com/. Reinschauen lohnt sich!

Dabei hat der SPD-Laizist Rolf Schwanitz ja recht. Ein Demokrat, weder ein lupenreiner noch sonst einer, ist der Monarch über einen Häuserblock in der römischen City ja nun wirklich nicht. Und die Ansichten, die er vertritt, sind mit den Rechtsprinzipien des Grundgesetzes gelegentlich nur schwer zu vereinbaren. Wenn er als Religionsführer eingeladen wurde und spricht (und auf diese Eigenschaft heben die Kritiker der Kritik ja ab): Wo hört das dann auf? Erleben wir bald auch den schamanischen Tanz eines afrikanischen Dorfheiligen im Hohen Hause? Oder auch mal einen gefälligen Koranvortrag des Großmuftis aus Kairo? Zur Kanzel welcher Religion auch immer taugt unser Parlament nicht. Das sollte doch einleuchten. Und wenn Prof. Ratzinger als Staatsoberhaupt spricht: Welche wichtigen Staatsgeschäfte hat denn Deutschland mit dem Vatikan, dass dieser Auftritt nötig und angemessen wäre? Spricht dann auch bald der Fürst von Lichtenstein zu den andächtig dessen Weisheit lauschenden Abgeordneten - oder doch zuerst der von Monaco?

Man kann nur wünschen, dass Rolf Schwanitz während des höchstwürdigen Auftritts im Cafe des Bundestages eine lustige Schar von Gleichgesinnten um sich haben wird. Vielleicht sollte er dort eine zeitgleiche Konkurrenzveranstaltung organisieren? Eine Lesung aus Deschners "Kriminalgeschichte des Christentums"? Naja, nur so ne Idee...

Dienstag, 10. Mai 2011

SPD-Parteivorstand lehnt AK Laizisten ab - Gründung in Bayern

Wie zu erwarten hat gestern der SPD-Parteivorstand die Gründung eines laizistischen Arbeitskreises abgelehnt. Zu dem Umständen schweige ich an dieser Stelle lieber. Das Thema ist mit dieser Organisationsentscheidung aber nicht erledigt, ganz im Gegenteil. In vielen Bundesländern wurden bereits Gesprächskreise dazu gegründet. Auch aus dem Parteivorstand wurde Unterstützung für das Anliegen signalisiert, zumindest die Interessen der Konfessionsfreien stärker zu bündeln. Das soll nun auch in Bayern geschehen. Daher bitte ich für die untenstehende Einladung um freundliche Beachtung... ;-)




   

Sonntag, 8. Mai 2011

Stille Feiertage - zeitgemäß?

Um Ostern herum gab es wieder einmal eine Diskussion um die sog. "stillen Feiertage", an denen nicht nur (für die meisten) arbeitsfrei ist, sondern z.B. auch keine öffentlichen Musikveranstaltungen sein dürfen. Dagegen begehren immer wieder engagierte Wirte und Diskothekenbetreiber sowie deren Kundschaft auf, aber auch Opern- und Konzertveranstalter. In Bremen hatte jüngst eine Online-Petition zu diesem Thema einen überwältigenden Erfolg - die Bürgerschaft muss isch nun dort mit diesem Thema befassen. Eine solche Kontroverse gab es heuer auch in Osnabrück. Die Neue Osnabrücker Zeitung hat das sogar auf die Titelseite ihrer Ausgabe zum Karfreitag gehoben, mit einem Statement von mir als "SPD-Experten" - naja. Ein Scan des Artikels findet sich unten. Es wäre sehr zu wünschen, dass dieses undemokratische Relikt aus alten Zeiten angesichts des Bedeutungsrückgangs des christlichen Glaubens zumindest entschärft werden würde. Denn natürlich soll jeder Gläubige seiner Religion nachgehen können - aber alle anderen deshalb zu gängeln, geht zu weit. Hier ein zeitgemäßes Maß zu finden, auch das ist ein Gebot staatlicher Neutralität.


Sonntag, 17. April 2011

Radiobeitrag zur FES-Tagung

Hier noch ein Radio-Beitrag vom Deutschlandfunk über die FES-Veranstaltung. Man hört auch den evangelisch engagierten Genossen Schmude, offenbar mitgeschnitten auf der Veranstaltung der Bundestagsfraktion mit den Christen. Da geht er auch auf Carsten Frerk und sein Violettbuch ein und hat  Carsten Frerk - wohl zu dessen eigener Überraschung - zum "führenden Funktionär" des HVD-Berlin befördert. Leider wird in dem Beitrag und vor allem auch in den O-Tönen der Kirchenfunktionäre Humanismus und Laizismus recht undifferenziert zusammengeworfen. Da wird man künftig noch trennschärfer argumentieren müssen.

Hier also der link zum Beitrag:
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/religionen/1436798/

Donnerstag, 14. April 2011

Resonanz auf FES-Veranstaltung

Die FES-Veranstaltung war eigentlich ganz gut. Voller Saal, trotz der Uhrzeit. Das war jedenfalls ein Anfang, aber sicherlich nicht das Ende des Dialogs. Zumal der Arbeitskreis der Christen am Freitag eine Riesenveranstaltung mit der Bundestagsfraktion über uns gemacht hat, zu der die ganze Prominenz da war und natürlich keiner von uns eingeladen war. Naja. Mit der Kultur der Auseinandersetzung ist es in der Führungsetage der SPD noch nicht so weit her. Mal sehen, was draus wird.

Hier sind links zu zwei Online-Artikeln, die sich mit der FES-Veranstaltung befassen:

http://www.pro-medienmagazin.de/?id=politik&news[action]=detail&news[id]=3885
http://hpd.de/node/11425?page=0,0

Montag, 4. April 2011

Neuer Atheismus bei der FES in Berlin

Neuer Atheismus - Eine humanistische Alternative zu den Religionen? So heißt eine Podiumsdiskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Sie findet am Montag, 11. April 2011, 15.00 – 20.00 Uhr statt. Hier der Einladungsflyer zur Veranstaltung. Wer mag und kann, komme vorbei und diskutiere mit!


Montag, 14. März 2011

Atomkraft - nein, und kein Danke

Spätestens jetzt hat es sogar der letzte Trottel gemerkt, dass die Atomenergie eine Hochrisikotechnologie ist. Ein Beispiel dafür ist nicht zuletzt der bayerische Umwelt- und Reaktorminister Dr. (sic) Markus Söder, bei dem sich nun "alles verändert" hat. Naja, immerhin.

Die CSU war nicht immer so lernbereit. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie es war, als Tschernobyl hochging. Damals hat der CSU-Innenminister "Old Schwurhand" Zimmermann - der hat's nämlich mit der Wahrheit auch nicht immer so genau genommen - noch erzählt, dass uns das alles gar nicht betreffen würde, als draußen schon die Geigerzähler ratterten. Ich war damals in der 12. Klasse, und an unserer Schule hat sich der Physiklehrer der kultusministeriellen Weisung, bis auf weiteres im Unterricht keine Geigerzähler einzusetzen (!!), widersetzt und umgehend mit uns im Pausenhof gemessen. Mit dem entsprechenden Ergebnis. Das war sehr anschaulich und lehrreich - physikalisch wie politisch.

Wer etwas nüchterner in die Zukunft geblickt hat, brauchte allerdings nicht den GAU in Tschernobyl oder die beinahe-Katastrophe von Harrisburg, und ebensowenig die jetzige in Japan. Etwas humanistische Perspektive tut auch in dieser Frage ganz gut. Dann kann man zwar an die technische Erfindungskraft des Menschen glauben, aber man weiß auch, dass es so etwas gibt wie ein "menschliches Maß", das tunlichst nicht missachtet werden sollte. Endlagerung von giftigem, ja tödlichem Müll über Jahrtausende hinweg sprengt dieses Maß eindeutig, ebenso die Größenordnung der Auswirkungen, wenn die nukleare Technologie mal doch nicht so funktioniert wie man sich das gedacht hat.

Keine Frage: Atomenergie ist unhumanistisch, ihre Nutzung widerspricht der humanistischen Weltanschauung. Und außerdem jeder Vernunft. Abschalten - alle!

Freitag, 4. Februar 2011

Skandalurteil in Düsseldorf

Manchmal kann man ja nur staunen, was sich so unter den Richterroben für Ansichten tummeln. Ein Beispiel dafür ist das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Dessen 18. Kammer hat nun eine Klage des HVD-NRW auf Zulassung des humanistischen Schulfaches „Humanistische Lebenskunde“ abgewiesen. Das ist schon an sich verwunderlich, denn das Schulfach gibt es ja schon in Berlin und Brandenburg, und auch in Bayern ist es als ordentliches Lehrfach anerkannt. Dort wird es an der Humanistischen Grundschule unterrichtet. 

Dass es Humanisten nicht leicht gemacht wird, ihre Interessen durchzusetzen, ist ja allerdings nichts Neues. Richtig vom Hocker haut es einen daher erst bei der Begründung, die die Kammer sich ausgedacht hat. Im Kern geht es darum, dass der in NRW gesetzlich vorgeschriebene Religionsunterricht eben Religionsunterricht ist und nicht Weltanschauungsunterricht. Dann wird von der Justizpressestelle verkündet: „Das Grundgesetz privilegiere [lt. dem Urteil] insoweit Religionsgemeinschaften und grenze demgegenüber Weltanschauungsgemeinschaften als Einflussfaktor im Bereich öffentlicher Schulen aus.“  Das muss man ja glatt nochmal lesen. Das Grundgesetz privilegiert Religionsgemeinschaften und befiehlt, Weltanschauungsgemeinschaften auszugrenzen? Ich darf zitieren, Artikel 140 (137 WRV):  „Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.“ Wie zum Geier kann man daraus nun interpretieren, dass Weltanschauungsgemeinschaften vom Grundgesetz „ausgegrenzt“ werden?

Ich spare mir hier die Hinweise auf die Fortentwicklung des sog. „Staatskirchenrechts“, die aktuellen GG-Kommentierungen, die jüngste Rechtsprechung z.B. des Verfassungsgerichts in Brandenburg und so weiter und so fort. Dieses Skandalurteil lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder war die Kammer inkompetent, oder sie hat wissentlich an den Rechtsgrundsätzen in unserem Land herumgebogen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass nicht etwa das Gesetz, sondern das Gericht mit seinem Urteil Weltanschauungsgemeinschaften ausgrenzen und Religionsgemeinschaften privilegieren wollte.

Wie auch immer. Dieses Urteil ist mitsamt seiner Begründung so abwegig, dass es keinen Bestand haben wird. Ärgerlich ist es dennoch.

Samstag, 22. Januar 2011

Humanistische Neujahrspredigt

Liebe Gemeinde,

wir sind heute auf dieser Seite zusammengekommen, um über das vor uns liegende Jahr nachzudenken. Was erwartet uns? Was erwarten wir?

Zweifellos wartet auf uns viel Arbeit. Denn noch immer sind die Humanistinnen und Humanisten in Deutschland nicht völlig gleichberechtigt. Sie haben in der Regel kein eigenes Wertefach in der Schule, das ihre Kinder im Sinne ihrer Weltanschauung bildet. Ihre Interessen werden in der Politik vielfach ignoriert, als ob es sie gar nicht gäbe. In weiten Teilen des sozialen Sektors haben sie keine Beschäftigungschance, weil er von kirchlichen Trägern dominiert wird. Im Wissenschaftsbetrieb finden sich ihre Themen nur am Rande, die theologischen Fakultäten arbeiten dagegen auf Hochtouren an der Legitimierung der Religionen und der Erweiterung ihres geistigen Einflusses. Und das sind nur einige Beispiele.

Wir müssen dagegenhalten! Unser Emanzipationsprojekt - und nichts anderes ist es - benötigt dafür eine ordentliche Dosis an Penetranz. Wenn die katholischen Bischöfe beim Verfassungsgericht auflaufen, dann muss die humanistische Delegation gleich hinterherkommen. Wenn die christlichen Meinungsmacher ihren Glauben zum Maß der allgemeinen Gesetzgebung machen wollen (siehe PID), müssen wir den Widerspruch der Vernünftigen organisieren. Keiner weiß, dass es uns überhaupt gibt? Dann her mit Projekten und ran an die Medien! Unsere Kinder müssen in einen faden, stiefmütterlichen "Ersatzunterricht"? Dann klagen wir notfalls unser eigenes Schulfach ein! Uns gefällt das deutsche "Staatskirchenrecht" nicht? Arbeiten wir doch konkrete Vorschläge für eine Reform aus und machen uns in den Parteien für unsere Vorschläge stark!

Dann sind wir im nächsten Jahr vielleicht schon weiter in unserem Streben nach Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der Nicht-Religiösen - und zwar nicht nur im theoretischen Raum abstrakter Rechtsnormen, sondern auch in der politischen und sozialen Wirklichkeit.

All das, liebe Gemeinde, sind Aufgaben für jeden einzelnen von uns. Die Lösungen organisieren können wir aber nur gemeinschaftlich. Also auf: Gehet hinaus in die Welt, tut euch zusammen und bekennt euch zu eurer humanistischen Weltanschauung! Dann merken auch die vielen anderen von uns, dass sie nicht allein sind.
 
Amen.