Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat der Koordinierungsrats säkularer Organisationen (KORSO) zur Abschaffung der privilegierten Staatsleistungen an die Kirchen aufgerufen. Recht so! Die Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe für Bischofsgehälter, Pensionszahlungen für Kirchendiener etc., die der Staat jährlich vornimmt, sind nicht gerechtfertigt und bevorteilen die Kirchen in einem nicht zu akzeptierenden Maß gegenüber den anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die nach Grundgesetz gleichzubehandeln sind. Das gehört endlich weg!
Aber man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Daher ist es zu begrüßen, dass KORSO-Präsident Frieder-Otto Wolf die Forderung dahingehend präzisiert hat, dass es sich bei den zu kritisierenden Staatsleistungen um die auf der Basis des Reichsdeputationshauptschluss von 1803 gezahlten Unterstützungsleistungen für die Kirche handelt, keineswegs jedoch um sämtliche staatlichen Zahlungen an die anerkannten Religions- und Weltanschauungsorganisationen.
Die aus historischen Gründen gezahlten Beträge haben die vor Jahrhunderten erfolgten Enteignungen von Kirchenbesitztümern sicherlich längst beglichen und gehören aus diesem Grunde eingestellt - keine Frage. Bei anderen, etwa durch seelsorgerische Leistungen oder weltanschauliche Betreuung begründeten Zuschüssen, muss man genauer hinschauen. Hier sind bisherige kirchliche Privilegien besser durch ein neues System angemessener Gleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu beenden als durch die bloße Streichung aller Zahlungen.
Auf jeden Fall bedürfen solche finanziellen Zuwendungen an einzelne, weltanschauliche Träger der Rechtfertigung. Diejenigen Zuschüsse, die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften als gemeinnützige Träger gesellschaftlicher Wohlfahrtsaufgaben oder pädagogischer Maßnahmen erhalten, erfahren diese Rechtfertigung aus dem gegenwärtigen Engagement dieser Organisationen. Hier Kürzungen oder gar völlige Streichungen zu verlangen, wäre falsch. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates beinhaltet jedoch, dass der Staat weltanschaulichen Verbänden wie dem HVD gleiche organisatorische und finanzielle Rechte wie den Kirchen einräumt. Das betrifft insbesondere auch das Recht zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, das Recht zur Bildung weltanschaulicher Schulen und zur Erteilung von Lebenskundeunterricht in öffentlichen Schulen - und vieles andere mehr.
Eine Reform des Verhältnisses von Staat und Religions- und Weltanschuungsgemeinschaften tut Not, in der endlich der Verfassungsauftrag der Gleichbehandlung eingelöst wird. Nur weil es zu Napoleons Zeiten für richtig gehalten wurde, die Kirchen zu alimentieren, bleibt das nicht heute auch noch richtig. Geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen erfordern auch ein modernisiertes Finanzierungssystem.
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